Diesen Post will ich jetzt schon seit Wochen verfassen, war aber bisher immer zu faul. Glücklicherweise hat
Pausbacke jetzt über sehr ähnliches Thema geschrieben und
Katrin plant auch einen ähnlichen Beitrag, also kommen jetzt endlich meine Gedanken zum Thema Plus Size Mode in Deutschland und Exklusivität, die nicht immer was Gutes bedeutet.
Es ist ja nun bereits eine ganze Weile her, dass H&M ihre
Inclusive Kollektion heraus gebracht hat, die es in "allen" Größen von 32 bis 54 gab. Für jeden das Gleiche also, ohne kleine BIB Ecke, mit vielen lieblos designten Sackteilen.
Ich war damals sehr euphorisch, denn einige Teile gefielen mir sehr und tun dies heute auch noch. Allerdings war ich auch zeimlich sicher, dass dies am Ende nur eine modische Eintagsfliege sein würde und sich in Sachen H&M+ nicht viel tun würde und leider sollte ich Recht behalten. Das sieht man nicht zuletzt an der aktuellen "Grey" Kollektion, die es sage und schreibe bis Größe 40 (!!!) gibt.
H&M (und fast alle anderen Anbieter) besteht leider weiterhin darauf, dass man als dicker Mensch gefälligst die paar Bröckchen zu nehmen hat, die man hingeworfen bekommt. Das heißt in erster Linie, dass das Frustrationslevel sehr hoch ist. Ich war die Tage in Mannheim und bin dort in den H&M. Reingelockt hatte mich der Aufbau direkt am Eingang mit vielen Pailetten und Glitzer. Ich bin da wie eine Elster, wenn etwas glitzert bin ich interessiert. Da laufe ich also an dem Glitzer vorbei, sehe links noch einen großen Stapel mit Lurex Pullovern in tollen Bonbonfarben, als mir plötzlich wieder einfällt, dass ich ja dick bin und damit in den Augen der Modeindustrie solche Klamotten nicht tragen möchte. Oder mich nicht traue. Oder vielleicht nicht einmal verdiene. Denn das ist es doch, was mir die hiesige Modeindustrie vermittelt. Jedenfalls habe ich auf dem Absatz kehrt gemacht und bin wieder raus, die Übergrößenecke kennt man ja in und auswendig.
Im Gegensatz zum großen Angebot in den "regulären" Größen. Ich hasse es, wenn ich durch den H&M gehe und tolle Teile sehe, die ich sofort tragen würde, aber dann an ihnen vorbei gehen muss um zur Dickenecke zu kommen. Es kommt mir so vor, als sitzen da ein paar Designer zusammen, die sich freuen, dass sie gerade eine ganz tolle neue Kollektion designt haben und dann kommt ein Spielverderber um die Ecke und ruft in den Raum. "Sorry Leute, wir müssen ja noch ein paar Fummel für die Dicken entwerfen, vergesst mal alles was ihr eben gemacht habt und dann geht's los!" (Natürlich gibt es auch mal ein paar
hübsche Sachen in der H&M+ Kollektion, aber die sind eher die Ausnahme.)
Nicht dass man viele der Teile nicht auch einfach ein paar Nummern größer machen könnte, ohne den Schnitt verändern zu müssen, sodass sie auch für dicke Menschen problemlos tragbar wären. Das regt mich bei Primark auch immer sehr auf. (Ich weiß, ist eine irische Kette, aber eben sehr präsent auf dem deutschen Markt, wie H&M ja auch.) Eine Größe 20 (dt. 48) ist knapp unter dem in das ich mich reinquetschen könnte. Warum nicht einfach noch 3-4 Nummern größer? Weil das keiner kaufen würde? Haha?
Ich will gar nicht nur auf H&M herumhacken, das Problem betrifft ja nicht nur sie, dort
gibt es immerhin eine Übergrößenkollektion. Bei 90% der Geschäfte in der Stadt geht man jenseits der magischen 42/44/46 ja direkt mal ganz leer aus. Es ist sogar soweit, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie man als dünnerer Mensch einkaufen gehen kann, wenn jeder Laden tolle Kleidung in deiner Größe anbietet, wie kann man sich da entscheiden? So viel Überfluss kann ich mir nicht mal vorstellen.
Meine Einkaufserlebnisse, wenn ich in der Stadt bin, sind eher so, dass ich lustlos durch den
M&S schlendere, mich ärgere, dass dort alles eher für ältere Semester designt ist und dass sie die Obergrenze von 54 auf 52 herabgesetzt haben. Dann vielleicht einmal in die Clockhouse XL Ecke bei C&A, bloß schnell an der normalen Dickenabteilung vorbei und eventuell dann nach H&M, vielleicht ist ja ein Wunder geschehen. Ulla Popken meide ist in der Regel ganz. Zu teuer, zu altbacken - nein danke.
Wenn ich dann doch mal auf der Suche nach Accessoires in normale Klamottengeschäfte gehe, husche ich meist nur schnell durch, weil ich mich da nicht wohl und schon gar nicht willkommen fühle. Sondern eher wie ein Eindringling, der dort nichts zu suchen hat. Im Endeffekt bin ich es doch auch, würden sie sonst nicht daran denken vielleicht auch Sachen in meiner Größe anzubieten?
Eine schwachsinnige Überlegung natürlich. Mein Geld ist nicht schlechter, als das von dünneren Menschen, aber dennoch scheint die deutsche Modeindustrie in dem Punkt im Dornröschenschlaf zu verweilen, was ich beim besten Willen nicht verstehe. Nicht nur, dass man als Konsument unzufrieden ist, aus wirtschaftlicher Sicht ist das doch auch völlig sinnfrei diese ganze wachsende Zielgruppe einfach links liegen zu lassen. Es heißt doch immer so drohend, dass die Menschen immer dicker werden, wo bleibt also das Angebot?
Da ist man in UK schon weiter. Natürlich kann man argumentieren, dass man dort eh modischer ist als hier, aber entscheidend ist doch das Gefälle zwischen "normalen" und Übergrößen. Wenn ich mir z.B.
New Look,
Asos Curve,
Littlewoods oder
Simply Be (wohlegemerkt das britische, das deutsche ist teilweise doch sehr
abgespeckt und überteuert) ansehe, dann finde ich dort schon vieles das mir richtig gut gefällt und nicht nur schlimm gemusterte Säcke. Aus genau diesem Grund landet mein Geld dann auch dort und nicht in deutschen Geschäften.
Ich weiß jetzt nicht ob es dort wesentlich mehr dicke Menschen als hier gibt und auch dort ist nicht alles perfekt, aber man ist wesentlich weiter als hier.
Zum Glück kann man in Zeiten des Internets und von Paypal natürlich dort auch einkaufen, aber es ist eben doch schön, wenn man direkt anprobieren kann, keine Versandkosten zahlen muss und auch nicht für den Rückversand nach UK aufkommen muss. Wie viel toller es ist, viele schöne Kleider anprobierbereit in einem Laden zu haben, habe ich in
Antwerpen gesehen.
Schöne Kleidung kann einem so viel an zusätzlichen Selbstbewusstsein geben. Umgekehrt weiß ich aus jahrelanger leidvoller Erfahrung, wieviel schlechter man sich fühlt, wenn man immerzu gezwungen ist Kleidung zu tragen, die einem nicht gefällt oder die bestenfalls einen Kompromis darstellt. Gleichzeitig ist das doch ein riesiger ungenutzter Markt, warum nicht eine Win-Win-Sache daraus machen?
Es ist in den letzten Jahren besser geworden, aber es ist noch ein weiter Weg. Also, Modeindustrie, krieg deinen Hintern hoch und mach uns glücklich!