Sonntag, 11. November 2012

Inclusive - und dann?

Diesen Post will ich jetzt schon seit Wochen verfassen, war aber bisher immer zu faul. Glücklicherweise hat Pausbacke jetzt über sehr ähnliches Thema geschrieben und Katrin plant auch einen ähnlichen Beitrag, also kommen jetzt endlich meine Gedanken zum Thema Plus Size Mode in Deutschland und Exklusivität, die nicht immer was Gutes bedeutet.

Es ist ja nun bereits eine ganze Weile her, dass H&M ihre Inclusive Kollektion heraus gebracht hat, die es in "allen" Größen von 32 bis 54 gab. Für jeden das Gleiche also, ohne kleine BIB Ecke, mit vielen lieblos designten Sackteilen.
Ich war damals sehr euphorisch, denn einige Teile gefielen mir sehr und tun dies heute auch noch. Allerdings war ich auch zeimlich sicher, dass dies am Ende nur eine modische Eintagsfliege sein würde und sich in Sachen H&M+ nicht viel tun würde und leider sollte ich Recht behalten. Das sieht man nicht zuletzt an der aktuellen "Grey" Kollektion, die es sage und schreibe bis Größe 40 (!!!) gibt.

H&M (und fast alle anderen Anbieter) besteht leider weiterhin darauf, dass man als dicker Mensch gefälligst die paar Bröckchen zu nehmen hat, die man hingeworfen bekommt. Das heißt in erster Linie, dass das Frustrationslevel sehr hoch ist. Ich war die Tage in Mannheim und bin dort in den H&M. Reingelockt hatte mich der Aufbau direkt am Eingang mit vielen Pailetten und Glitzer. Ich bin da wie eine Elster, wenn etwas glitzert bin ich interessiert. Da laufe ich also an dem Glitzer vorbei, sehe links noch einen großen Stapel mit Lurex Pullovern in tollen Bonbonfarben, als mir plötzlich wieder einfällt, dass ich ja dick bin und damit in den Augen der Modeindustrie solche Klamotten nicht tragen möchte. Oder mich nicht traue. Oder vielleicht nicht einmal verdiene. Denn das ist es doch, was mir die hiesige Modeindustrie vermittelt. Jedenfalls habe ich auf dem Absatz kehrt gemacht und bin wieder raus, die Übergrößenecke kennt man ja in und auswendig.

Im Gegensatz zum großen Angebot in den "regulären" Größen. Ich hasse es, wenn ich durch den H&M gehe und tolle Teile sehe, die ich sofort tragen würde, aber dann an ihnen vorbei gehen muss um zur Dickenecke zu kommen. Es kommt mir so vor, als sitzen da ein paar Designer zusammen, die sich freuen, dass sie gerade eine ganz tolle neue Kollektion designt haben und dann kommt ein Spielverderber um die Ecke und ruft in den Raum. "Sorry Leute, wir müssen ja noch ein paar Fummel für die Dicken entwerfen, vergesst mal alles was ihr eben gemacht habt und dann geht's los!" (Natürlich gibt es auch mal ein paar hübsche Sachen in der H&M+ Kollektion, aber die sind eher die Ausnahme.)
Nicht dass man viele der Teile nicht auch einfach ein paar Nummern größer machen könnte, ohne den Schnitt verändern zu müssen, sodass sie auch für dicke Menschen problemlos tragbar wären. Das regt mich bei Primark auch immer sehr auf. (Ich weiß, ist eine irische Kette, aber eben sehr präsent auf dem deutschen Markt, wie H&M ja auch.) Eine Größe 20 (dt. 48) ist knapp unter dem in das ich mich reinquetschen könnte. Warum nicht einfach noch 3-4 Nummern größer? Weil das keiner kaufen würde? Haha?

Ich will gar nicht nur auf H&M herumhacken, das Problem betrifft ja nicht nur sie, dort gibt es immerhin eine Übergrößenkollektion. Bei 90% der Geschäfte in der Stadt geht man jenseits der magischen 42/44/46 ja direkt mal ganz leer aus. Es ist sogar soweit, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie man als dünnerer Mensch einkaufen gehen kann, wenn jeder Laden tolle Kleidung in deiner Größe anbietet, wie kann man sich da entscheiden? So viel Überfluss kann ich mir nicht mal vorstellen.

Meine Einkaufserlebnisse, wenn ich in der Stadt bin, sind eher so, dass ich lustlos durch den M&S schlendere, mich ärgere, dass dort alles eher für ältere Semester designt ist und dass sie die Obergrenze von 54 auf 52 herabgesetzt haben. Dann vielleicht einmal in die Clockhouse XL Ecke bei C&A, bloß schnell an der normalen Dickenabteilung vorbei und eventuell dann nach H&M, vielleicht ist ja ein Wunder geschehen. Ulla Popken meide ist in der Regel ganz. Zu teuer, zu altbacken - nein danke.

Wenn ich dann doch mal auf der Suche nach Accessoires in normale Klamottengeschäfte gehe, husche ich meist nur schnell durch, weil ich mich da nicht wohl und schon gar nicht willkommen fühle. Sondern eher wie ein Eindringling, der dort nichts zu suchen hat. Im Endeffekt bin ich es doch auch, würden sie sonst nicht daran denken vielleicht auch Sachen in meiner Größe anzubieten?
Eine schwachsinnige Überlegung natürlich. Mein Geld ist nicht schlechter, als das von dünneren Menschen, aber dennoch scheint die deutsche Modeindustrie in dem Punkt im Dornröschenschlaf zu verweilen, was ich beim besten Willen nicht verstehe. Nicht nur, dass man als Konsument unzufrieden ist, aus wirtschaftlicher Sicht ist das doch auch völlig sinnfrei diese ganze wachsende Zielgruppe einfach links liegen zu lassen. Es heißt doch immer so drohend, dass die Menschen immer dicker werden, wo bleibt also das Angebot?

Da ist man in UK schon weiter. Natürlich kann man argumentieren, dass man dort eh modischer ist als hier, aber entscheidend ist doch das Gefälle zwischen "normalen" und Übergrößen. Wenn ich mir z.B. New Look, Asos Curve, Littlewoods oder Simply Be (wohlegemerkt das britische, das deutsche ist teilweise doch sehr abgespeckt und überteuert) ansehe, dann finde ich dort schon vieles das mir richtig gut gefällt und nicht nur schlimm gemusterte Säcke. Aus genau diesem Grund landet mein Geld dann auch dort und nicht in deutschen Geschäften.
Ich weiß jetzt nicht ob es dort wesentlich mehr dicke Menschen als hier gibt und auch dort ist nicht alles perfekt, aber man ist wesentlich weiter als hier.
Zum Glück kann man in Zeiten des Internets und von Paypal natürlich dort auch einkaufen, aber es ist eben doch schön, wenn man direkt anprobieren kann, keine Versandkosten zahlen muss und auch nicht für den Rückversand nach UK aufkommen muss. Wie viel toller es ist, viele schöne Kleider anprobierbereit in einem Laden zu haben, habe ich in Antwerpen gesehen.

Schöne Kleidung kann einem so viel an zusätzlichen Selbstbewusstsein geben. Umgekehrt weiß ich aus jahrelanger leidvoller Erfahrung, wieviel schlechter man sich fühlt, wenn man immerzu gezwungen ist Kleidung zu tragen, die einem nicht gefällt oder die bestenfalls einen Kompromis darstellt. Gleichzeitig ist das doch ein riesiger ungenutzter Markt, warum nicht eine Win-Win-Sache daraus machen?

Es ist in den letzten Jahren besser geworden, aber es ist noch ein weiter Weg. Also, Modeindustrie, krieg deinen Hintern hoch und mach uns glücklich!

23 Kommentare:

  1. Dem ist tatsächlich nichts mehr hinzuzufügen. Wo darf ich unterschreiben?

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    1. Bitte hier ______________________
      Die Waschmaschine wird dann demnächst geliefert. ;)

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  2. Es ist so wahr! Ich erinnere mich an den Moment wo ich diese ganzen UK Shops entdeckt habe! Ein Passion Traum wurde wahr. Endliche konnte ich meinen Stil ENTDECKEN und Leben!
    Ich habe die Hoffnung ehrlich gesagt aufgegeben das es irgendwie einen Aufschwung geben wird!

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    1. Ja, das war unheimlich toll! Ich kannte vorher schon Torrid, aber das ist ja immer viel umständlicher und teurer und man braucht eine Kreditkarte.
      Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt. ;)

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  3. ganz toll geschrieben.
    ich würd auch gern mal mit mädels losziehen zu nem shoppingtag und mit vollen tüten zurück kommen in denen nicht nur tücher, socken usw drin sind ... zum glück hab ich den vorteil inschweden shoppen zu können. da ist es nicht so extrem mit dem entzugsgefühl. den rest des jahres shop ich online, das reicht mir dann auch immer. ich hab das glück noch nie was zurück schicken zu müssen. mir paßt immer alles :D

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    1. Genau das. Einfach mal unbeschwert beim Einkaufen Spaß haben und mehr als 2-3 Läden zur Auswahl haben, das wäre schön.
      Ab und zu kommt es schon mal vor, dass mir was nicht passt oder gefällt, dann bleibt nur das Porto nach England zu zahlen oder Ebay. :/

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  4. Haha, wie gut du meine Gedanken und immer wiederkehrenden Frustrationsgefühle beschrieben hast. Es gibt einmal die, die hübsch sein dürfen, und dann noch die Fetten. Die bekommen eine Wallewalle-Uniform verpasst - bitte bloß nicht auffallen! Wahrscheinlich will man gar nicht, dass schlanke und dicke Menschen das gleiche Outfit tragen. Hinterher zerstören wir ihren Glanz?!
    Ich lebe derzeit in Kanada und gäbe es die USA und Onlinebestellungen nicht, müsste ich wohl nackig durch die Gegend laufen. Hier gibt es zwar H&M, aber kein H&M+, es gibt Old Navy, aber keine Plusabteilung usw. Im Vergleich ist Deutschland richtig fortschrittlich. Traurig. :-(

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    1. Ja, es scheint wirklich fast so, dass Dicke bei manchen Firmen nicht ins Weltbild passt. Mit solchen Leuten will man seine Marke wohl nicht in Verbindung bringen.
      Interessant, ich hätte gedacht in Kanada wäre es ähnlich gut wie in den USA, da kann man sich hier ja fast noch glücklich schätzen.

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  5. Wunderbar beschrieben und vollkommen meine Meinung wieder gegeben! Super!!

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  6. Ja, ich denke, diese Fragen und Feststellungwn sich durchaus berechtigt. dazu kommt noch, dass nicht jede Figur gleich ist.Habe noch zusatzlich das "Problem" einer kleinen Oberweite und da sitzen die Sachen aus der Klöpschenabteilung erst recht nicht...aber ich würde auch gerne was zu anziehen haben:((naja, aber die Sachen aus diesen Abteilungen sind einfach grausig....)Ja, warum geht das in anderen Ländern?Man will die Leute sicher so dazu zwingen, ihr Gewicht zu reduzieren!

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    1. Oh ja, das kenne ich auch. Kilometerweit Platz an der Brust, was nicht besser wird, wenn die Taille einfach gerade runter geschnitten ist. Happy Size war dafür immer ein super Kandidat, das war deren Spezialität.
      Wir müssen alle nach England ziehen. ;)

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  7. Ich kann mich noch zurückerinnern. Als Kind/Jugendliche war es mir peinlich in Erwachsenenabteilungen shoppen zu müssen, aber in der Kinderabteilung, wo die für mich damals tollen modischen Sachen hingen, passte mir einfach nichts. Meine Mutter sagte immer, ich müsse eben das nehmen, was mir passt, gefallen käme leider nunmal erst an zweiter Stelle, es sei ja so schwer. :-( Dementsprechend gedemütigt habe ich mich dann auch gefühlt. Ich saß oft weinend in Umkleidekabinen. Das Problem hat man leider nicht nur bei der Erwachsenenmode, sondern generell. Schonmal eine Plus Collection für Kinder/Jugendliche gesehen? Hier in Deutschland? No way. Dabei sollte es alles für alle Formen und Größen geben. Aber schon als dicker Teenie wird man systematisch von der Modeindustrie ausgegrenzt.

    Dein Artikel hat mich übrigens gerade motiviert meinen Asos Wunschzettel in den Einkaufskorb zu verfrachten und endlich mal dort zu bestellen ;-)

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    1. Das war auch wirklich traumatisch, wenn ich überlege, was ich als Teenager alles so tragen musste.... Nicht dass man es in dem Alter eh schwer genug hätte.
      Es gab mal eine Kinderkollektion, ich glaube von Happy Size, aber schön war die auch nicht.
      Das finde ich gut! :D Was hast du denn so bestellt?

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    2. Jaaaajaaajaaa...das kenn ich auch...es war furchtbar.Da trug man dann peppige Stretchjeans....(und heute gibt es ja nur noch Stretch:(()Als ich mich für die Konfirmation in der Kirche vorstellen musst(der Gemeinde)hatte ich eine Samtsteghose und ne Rote lange Satainbluse meiner Mutter an, weil wir nix gefunden habenOoGut, dass es davon keine Fotos gibt!!

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  8. Sehr gut geschrieben und trifft den Nagel voll auf den Kopf! Ich kann es einfach nicht verstehen, wie die Industrie so blind durch die Weltgeschichte wandert. Wie kann man den seh engstirnig sein, dass man nicht mal wahrnimmt, dass sich da ein Markt bildet, wo die doch sonst jede kleine Möglichkeit nutzen um Geld zu verdienen? Einfach unglaublich...

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    1. Danke! :)
      Ich verstehe das auch nicht. Es ist doch bescheuert zu glauben, dass man Klamotten nicht auch in größer los werden würde. Muss ja nicht gleich bauchfrei und bodycon sein, aber viele Trends lassen sich super umsetzen. Natürlich hat man immer Leute die sagen, dass sie sich nicht trauen etwas ausgefalleneres zu tragen, aber wenn man das öfter sieht, wird man ja auch mutiger. Der Anteil von denen die unter dem fehlenden Angebot leiden ist sicher größer als der von denen die sich nicht trauen. -_-

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  9. Vielen vielen Dank für diesen wunderbaren Post!

    Bei H&M ist der Unterschied zwischen Übergrößenabteilung und Restangebot wirklich bitter, da muss ich Dir total zustimmen! Und bei Ulla Popken bin ich immer entsetzt, wie viel Geld ich für ein Kleid aus 100% Polyester hinblättern müsste - gaaarghl!

    Obwohl ich Größe 56 trage, probiere ich mittlerweile auch einfach mal wesentlich kleinere Dinge an, wenn sie ein bissel Stretch haben - ich habe es mittlerweile nämlich auch total satt, mich an das zu halten, in dem ich (laut Industrie) gesellschaftlich akzeptabel bin! F*** that.

    Love, Qaroline
    http://qarolinesqonundrums.blogspot.de/

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    1. Irgendwie besteht ja fast alles nur noch aus Polyester, aber warum ich dafür dann 50€ für ein Oberteil hinblättern soll, erschließt sich mir nicht.
      Manchmal passen auch kleinere Sachen, vorallem wenn sie oversized geschnitten sind, aber irgendwie habe ich für sowas leider kein Händchen. Ich freue mich schon, wenn ich mich in eine 22 von Dorothy Perkins quetschen kann. ;)

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  10. Geb ich dir absolut recht! Ich hab bei H+M schon mit "Normalgröße" Probleme. Bei meinem letzten Versuch dort einzukaufen, war bei vielen Sachen nur noch Größe 32-36 übrig. Hinzu kommt, dass auch die etwas größeren Größen dann so eng geschnitten sind, dass man sich reinquetschen muss. Irgendwie fühlt man sich da ja diskriminiert, denn H+M geht offensichtlich nicht davon aus, dass man als Frau Arsch und Titten hat *sorry*! Ich bin doch kein Brett! :-/

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    1. Immer wenn ich was zu den Größe bei H&M höre ist das negativ. Manchmal scheint es so, als würden die ausgewürfelt. Vielleicht muss man auch aussehen wie die Schaufensterpuppen, man kann da nur mutmaßen. -_-
      Ich habe mir letztens eine Jeans da bestellt, die bekam ich genau bis zur Mitte der Oberschenkel, darauf hin hat mir dann jemand bei Twitter geschrieben, dass sie da gerne Hosen kauft - drei Nummern größer....

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    2. Ich hatte bei New Yorker letztens eine Hose in "Größe L" an (ich trag sonst M) - die konne ich nur bis zu den Knien hochziehen. o.O Manchmal frage ich mich, warum - wie auch Raine - die "normalen" Größen soooo klein mittlerweile geschnitten werden?

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  11. Du hast absolut recht! Meine Mama hatte eine Zeit lang Größe 46 und konnte quasi nirgendwo mehr einkaufen. Sie ist eine schöne, modebewusste Frau und hatte sehr damit zu kämpfen, dass in der Übergrößenabteilung alles so "omamäßig" ist (auch mit 52 will sich nicht jeder so anziehen^^). Obwohl ich shoppen eigentlich hasse, bin ich öfters mit ihr gegangen und es war wirklich schwierig... entweder sauteuer oder einfach hässlich. Jetzt mit Gr. 44 geht es gerade so bzgl. Kleidung. Ich verstehe nicht, warum man die normale Kollektion nicht einfach größer machen kann. Es ist eine Frechheit, Leute mit Körpermaßen, die vom Durchschnitt abweichen, auszuschließen.

    Bzgl H&M übrigens: Ich habe einen riesigen BMI von 20-21 und habe das letzte mal gerade noch eine Jeans in meiner Größe gefunden. Die restlichen konnte ich nichtmal über den Hintern zerren (war alles Gr. 32-36). Die sind einfach irre. :D Aber abgesehen von Hosen mag ich die Kleidung dort ohnehin nicht und bestelle hauptsächlich bei Zalando und EMP.

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  12. Danke für diese tollen Worte! Ich habe etwas darüber geschrieben :).
    Liebste Grüße

    Bigsizecinderella

    www.bigsizecinderella.blogspot.de

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