Es heißt ja gern, Menschen sollen da abgeholt werden wo sie stehen. Bei manchen heißt das sie aus dem Bett zu hieven und auf dem Rücken dahin zu tragen, wo sie hin sollen, während sie sich an allem fest klammern, das sie unterwegs in die Finger bekommen und dabei kratzen und beißen. So ein bisschen fühlt es sich für mich jedenfalls oft an, wenn ich versuche über Fat Acceptance zu reden und diese Erfahrung teilen auch die meisten meiner Mitstreiter*innen.
Ich glaube ja grundsätzlich an das Gute im Menschen und den durchaus vorhandenen Willen andere nicht zu verletzen und zu diskriminieren. Also zumindest bei den meisten. Sagen wir ich möchte gern daran glauben, dass die Leute einfach verblendet sind von dem was sie täglich vorgekaut bekommen und einfach noch nicht gemerkt haben, dass darunter auch ziemlich viel Quatsch ist.
Bereits vor zwei Jahren habe ich meine FAtQ geschrieben, weil du als dicker und nicht abnehmwilliger Mensch irgendwann einfach alle nervtötenden Kommentare tausend Mal gehört hast und es müßig wird immer wieder dieselben Antworten zu geben. Auch die Mädchenmannschaft hat dazu bereits ausführlich geschrieben. Aber (und dieser Satz könnte nicht perfekter beginnen) trotz all der Mühe, die sich Aktivist*innen geben, kommen immer die "Aber"-Sager. "Aber es ist doch ungesund", "aber das ist doch nicht schön, "aber in 10 Jahren wirst du darüber ganz anders denken, wenn du erst XY hast". Egal wie viele Beispiele du bringst, sie klammern sich an ihrem Aber fest, als ginge es um ihr Leben. Und das genau ist nämlich der Knackpunkt - es geht nicht um euer Leben, sondern um das der dicken Menschen, die selbst bestimmt leben wollen.
Ich musste die Tage lesen, Fat Acceptance würde ja alles verdammen, was beim Abnehmen hilft. Nun zum einen ist es tatsächlich so, dass Diäten in den allermeisten Fällen nicht langfristig wirken, zum anderen übersieht das einen wichtigen Faktor. Die meisten dicken Menschen haben viele Jahre erfolglose Diäterfahrungen hinter sich, die oft schon im Kindesalter beginnen. Es wird penibel darauf geachtet, was und wie viel die Kinder essen, das erste Fatshaming erfahren sie oft bereits von den Eltern oder nahe stehenden Verwandten. Das ist tägliche Bevormundung, tägliches "du bist nicht in Ordnung so wie du bist, du hast keine Deutungshoheit über deinen Körper".
Ihr sagt Fat Acceptance verteufelt Diäten, ich sage sie gibt den Menschen eine Alternative zum Abnehm- und Schlankheitszwang überall sonst und unterstützt sie dabei sich zu akzeptieren wie sie sind. Das wollen viele Menschen natürlich nicht hören, weil sie einfach so an das normative Schlanksein gewöhnt sind. Klar, im Fernsehen sind alle schlank, in Magazinen, Werbung, Filmen - da stören die Fettis. Das wird natürlich meist nicht so offen kommunziert und als Sorge um Gesundheit und Krankenkassenhaushalte getarnt. Deswegen gibt es ja auch so viele Memes mit sehr dicken Menschen, wo Fat Acceptance ins Lächerliche gezogen wird, weil sie auch für diese Menschen Respekt und Menschenwürde einfordert und das kann ja schließlich nicht sein, weil guck doch mal, igitt.
Es ist nicht so, dass Fat Acceptance bedeutet, das grundsätzlich niemand Gewicht verlieren oder das Bedürfnis danach haben darf. Im Gegenteil, dieses unbedingte vorschreiben wollen, wie andere mit ihrem Körper zu verfahren haben kenne ich nur von der "anderen Seite". Da wird sich angemaßt zu entscheiden, wer gesund ist und wer nicht. Jegliche Entscheidung den eigenen Körper betreffend wird angezweifelt, abgesprochen und ins Lächerliche gezogen. Fettaktivismus tut genau das Gegenteil, er bestärkt dicke und fette Menschen darin ihre eigenen Entscheidungen für sich und ihren Körper zu treffen. Er gibt uns unsere Deutungshoheit zurück. Ich verstehe nicht, wie das etwas sein kann, das abgelehnt wird. Die einzige Begründung sind Vorurteile und (ja, ich beharre auf diesem Wort) Hass.
Ihr könnt euch da für noch so aufgeklärt halten und meinetwegen sogar reißerische Bücher über das Thema schreiben, das ändert nichts daran, dass euch das nicht zusteht. Auch nicht wenn ihr selbst dick seid oder wart. Eure Bevormundung und eure Geringschätzung tragen zu einem verletztenden und beschämenden Klima bei, das Menschen psychisch und auch physisch schadet, wenn sie z.B. Essstörungen oder anderes selbst verletzendes Verhalten entwickeln, oder sich nicht trauen zum Arzt zu gehen, weil sie (berechtigte!) Angst haben dort nur auf ihr Gewicht reduziert zu werden, ohne dass wirklich nach der Ursache ihres Leiden gesucht wird.
Ein Rat der sehr gern gegeben wird ist, sich ein dickes Fell wachsen zu lassen, da doch drüber zu stehen. Wie wäre es denn mal umgekehrt? Lasst euer übergriffiges Verhalten einfach sein. Dicke Menschen wissen in der Regel dass sie dick sind. Sie haben viele viele viele "schlaue" Tipps bekommen, wie sie "ganz einfach" abnehmen können. Sie wissen, was von ihnen erwartet wird und welchem Ideal sie sich doch bitte auch annähern sollen. Ihr habt da keine neuen Einsichten zu bieten und eure ungefragte Meinung ist schlichtweg irrelevant.
Was? Wenn die eigene Meinung als irrelevant gewertet wird ist das nicht schön? Ratet mal wie schön das erst ist, wenn es darum geht, wie das eigene Leben zu führen ist.
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Dienstag, 26. Mai 2015
Donnerstag, 28. März 2013
FAtQ
Ernähren sich alle Dicken ungesund, sind faul und träge?
Nein. Es gibt natürlich Dicke, die keinen Sport treiben, ebenso wie Dicke, die sich nach gängingen Vorstellungen ungesund ernähren. Genauso gibt es Dicke, die sich bewusst gesund ernähren und sportlich sind. Oder ein Mischmasch aus diesen Punkten. Genau wie bei den meisten anderen Menschen unseres Kulturkreises.
Gibt es gute und schlechte Dicke?
Nein! Der Wert eines dicken Menschen ändert sich nicht, ob er/sie sich gesund ernährt (wobei die Ideen was gesunde Ernährung ist, ohnehin weit auseinander gehen) und Sport macht. Die Idee, dass man als dicker Mensch härter an sich arbeiten müsse, als als dünner ist schlichtweg Blödsinn. Niemand muss irgendetwas mit seinem Körper machen, nur weil er eine bestimmte Körperform hat.
Muss man sich nicht schämen, wenn man dick ist?
Kein Stück! Die Ursachen für Übergewicht sind vielfältig, aber keine davon ist besser oder schlechter als die andere. Muss man sich schämen, wenn man groß oder klein ist? Seine Haare färbt? Mit den Ohren wackeln kann? Eine Brille trägt statt Kontaktlinsen? Gerne Musik hört? Nicht gerne Musik hört? Nein? Gut, warum sollte man es dann tun, wenn man dick ist?
Ich mag aber keine dicken Menschen!
(Das ist nicht mal eine Frage!)
Es gibt natürlich immer Merkmale an Menschen, die anderen Menschen nicht gefallen. Das ist grundsätzlich auch nichts schlimmes, solange man nicht versucht anderen seine Meinung aufzuzwingen, sie herab zu werten, zu diskriminieren, zu stigmatisieren, zu mobben, etc.
Warum könnt ihr nicht einfach abnehmen?
"Einfach" abnehmen gibt es tatsächlich so nicht. Für die meisten ist es ein harter Kampf gegen den eigenen Körper und sich selbst und das meistes vergebens. Diäten funktioieren nicht und am Ende hat man mehr Gewicht, als man vor der Diät hatte. Lebenslang gegen sich kämpfen oder seinen dicken Körper akzeptieren? Gesund sein kann man trotzdem.
Gibt es etwas, dass ich nicht anziehen darf, wenn ich dick bin? Muss ich Farben meiden? Kleider? Enge Schnitte? Muss man sich vorteilhaft kleiden?
Nein. Nein. Nein. Nein. NEIN! Und vorteilhaft ist Schwachsinn.
Wieso ist vorteilhaft Schwachsinn?
Weil vorteilhaft in den meisten Fällen dünner bedeutet. Sieht man mit 120kg in einem "vorteilhaften" schwarzen Sack dünn aus? Wenn das irgendein Schneider der Welt hinbekommt, verdient er einen Orden.
Vorteilhaft heißt meistens auch unscheinbar, es entspringt der Geisteshaltung, dass man als dicker Mensch gefälligst verschämt und ständig auf Diät zu sein hat. Sich nicht toll finden und laut und bunt und schräg sein darf, wenn man will. Am Ende noch selbstbewusst, wo kommen wir denn da hin?
Wieso machst du hier überhaupt Werbung für's Dicksein und stellst das in einem positiven Licht dar?
Kein einziger dicker Blogger möchte andere Menschen dazu animieren zuzunehmen. Niemand möchte seine Leser dazu verführen jetzt auch dick zu werden. Wo wäre da auch der Nutzen?
Eine positive Selbstdarstellung von dicken Menschen in größeren Rahmen ist längst überfällig. Wobei positiv trifft es da auch nicht ganz. Eine Darstellung die nicht auf Vorurteilen, Klischees, Stigma und diskriminierendem Schwachsinn basiert trifft es eher. Wir müssen davon weg kommen Dicke entweder als bedauernswerte Trauerkloße oder als lustige Spaß-Wuchtbrummen darzustellen. Wir sind normale Menschen und verdienen dieselbe Behandlung wie alle anderen Menschen auch!
Wenn die bloße Darstellung als Mensch, der Spaß an Mode, am Leben, am Essen hat und der mit sich im Reinen ist, schon solche Gedanken hervorruft, dann läuft irgendwas grundlegend falsch!
Aber man kann sich doch nicht mögen, wenn man dick ist! DAS GEHT DOCH NICHT!! UND DENK DOCH MAL AN DIE SPÄTFOLGEN!!!
Tatsächlich ist nicht in Stein gemeißelt, dass man chronische Krankheiten bekommt, überhaupt krank wird, oder früher stirbt. Zu anderen geht das niemanden außer mich selbst etwas an. Und selbst wenn: Niemand schuldet es anderen gesund und fit zu sein. Gibt es ein deutsches Wort für "ableism"?
Aber wir alle müssen doch dafür zahlen?!
Interessanterweise wird selten gesagt: "Aber du rauchst doch, wie kannst du das tun, wenn ich dann für dich zahlen muss?" Dasselbe gilt bei Menschen, die viel Sport treiben (Verletzungsgefahr), Diäten halten (ungesund und Möglichkeit eine Essstörung zu entwickeln), Menschen mit chronischen Krankheiten, etc. Warum wird ein (Leistungs-)Sportler, der seinen Körper "schindet" und evtl sogar mittels Doping den Effekt seines Trainings verstärken will gefeiert, während ein dicker Mensch sich für seine bloße Existenz rechtfertigen muss. Hallo Doppelmoral!
Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Wie kann ich mein Verhalten gegenüber dicken Menschen verbessern?
Bravo! Hier sind ein paar nützliche Tipps.
Für den Anfang begegne ihnen doch mit Respekt und wenn du dir nicht sicher bist, frag doch einfach, hör zu und lerne!
Nein. Es gibt natürlich Dicke, die keinen Sport treiben, ebenso wie Dicke, die sich nach gängingen Vorstellungen ungesund ernähren. Genauso gibt es Dicke, die sich bewusst gesund ernähren und sportlich sind. Oder ein Mischmasch aus diesen Punkten. Genau wie bei den meisten anderen Menschen unseres Kulturkreises.
Gibt es gute und schlechte Dicke?
Nein! Der Wert eines dicken Menschen ändert sich nicht, ob er/sie sich gesund ernährt (wobei die Ideen was gesunde Ernährung ist, ohnehin weit auseinander gehen) und Sport macht. Die Idee, dass man als dicker Mensch härter an sich arbeiten müsse, als als dünner ist schlichtweg Blödsinn. Niemand muss irgendetwas mit seinem Körper machen, nur weil er eine bestimmte Körperform hat.
Muss man sich nicht schämen, wenn man dick ist?
Kein Stück! Die Ursachen für Übergewicht sind vielfältig, aber keine davon ist besser oder schlechter als die andere. Muss man sich schämen, wenn man groß oder klein ist? Seine Haare färbt? Mit den Ohren wackeln kann? Eine Brille trägt statt Kontaktlinsen? Gerne Musik hört? Nicht gerne Musik hört? Nein? Gut, warum sollte man es dann tun, wenn man dick ist?
Ich mag aber keine dicken Menschen!
(Das ist nicht mal eine Frage!)
Es gibt natürlich immer Merkmale an Menschen, die anderen Menschen nicht gefallen. Das ist grundsätzlich auch nichts schlimmes, solange man nicht versucht anderen seine Meinung aufzuzwingen, sie herab zu werten, zu diskriminieren, zu stigmatisieren, zu mobben, etc.
Warum könnt ihr nicht einfach abnehmen?
"Einfach" abnehmen gibt es tatsächlich so nicht. Für die meisten ist es ein harter Kampf gegen den eigenen Körper und sich selbst und das meistes vergebens. Diäten funktioieren nicht und am Ende hat man mehr Gewicht, als man vor der Diät hatte. Lebenslang gegen sich kämpfen oder seinen dicken Körper akzeptieren? Gesund sein kann man trotzdem.
Gibt es etwas, dass ich nicht anziehen darf, wenn ich dick bin? Muss ich Farben meiden? Kleider? Enge Schnitte? Muss man sich vorteilhaft kleiden?
Nein. Nein. Nein. Nein. NEIN! Und vorteilhaft ist Schwachsinn.
Wieso ist vorteilhaft Schwachsinn?
Weil vorteilhaft in den meisten Fällen dünner bedeutet. Sieht man mit 120kg in einem "vorteilhaften" schwarzen Sack dünn aus? Wenn das irgendein Schneider der Welt hinbekommt, verdient er einen Orden.
Vorteilhaft heißt meistens auch unscheinbar, es entspringt der Geisteshaltung, dass man als dicker Mensch gefälligst verschämt und ständig auf Diät zu sein hat. Sich nicht toll finden und laut und bunt und schräg sein darf, wenn man will. Am Ende noch selbstbewusst, wo kommen wir denn da hin?
Wieso machst du hier überhaupt Werbung für's Dicksein und stellst das in einem positiven Licht dar?
Kein einziger dicker Blogger möchte andere Menschen dazu animieren zuzunehmen. Niemand möchte seine Leser dazu verführen jetzt auch dick zu werden. Wo wäre da auch der Nutzen?
Eine positive Selbstdarstellung von dicken Menschen in größeren Rahmen ist längst überfällig. Wobei positiv trifft es da auch nicht ganz. Eine Darstellung die nicht auf Vorurteilen, Klischees, Stigma und diskriminierendem Schwachsinn basiert trifft es eher. Wir müssen davon weg kommen Dicke entweder als bedauernswerte Trauerkloße oder als lustige Spaß-Wuchtbrummen darzustellen. Wir sind normale Menschen und verdienen dieselbe Behandlung wie alle anderen Menschen auch!
Wenn die bloße Darstellung als Mensch, der Spaß an Mode, am Leben, am Essen hat und der mit sich im Reinen ist, schon solche Gedanken hervorruft, dann läuft irgendwas grundlegend falsch!
Aber man kann sich doch nicht mögen, wenn man dick ist! DAS GEHT DOCH NICHT!! UND DENK DOCH MAL AN DIE SPÄTFOLGEN!!!
Tatsächlich ist nicht in Stein gemeißelt, dass man chronische Krankheiten bekommt, überhaupt krank wird, oder früher stirbt. Zu anderen geht das niemanden außer mich selbst etwas an. Und selbst wenn: Niemand schuldet es anderen gesund und fit zu sein. Gibt es ein deutsches Wort für "ableism"?
Aber wir alle müssen doch dafür zahlen?!
Interessanterweise wird selten gesagt: "Aber du rauchst doch, wie kannst du das tun, wenn ich dann für dich zahlen muss?" Dasselbe gilt bei Menschen, die viel Sport treiben (Verletzungsgefahr), Diäten halten (ungesund und Möglichkeit eine Essstörung zu entwickeln), Menschen mit chronischen Krankheiten, etc. Warum wird ein (Leistungs-)Sportler, der seinen Körper "schindet" und evtl sogar mittels Doping den Effekt seines Trainings verstärken will gefeiert, während ein dicker Mensch sich für seine bloße Existenz rechtfertigen muss. Hallo Doppelmoral!
Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Wie kann ich mein Verhalten gegenüber dicken Menschen verbessern?
Bravo! Hier sind ein paar nützliche Tipps.
Für den Anfang begegne ihnen doch mit Respekt und wenn du dir nicht sicher bist, frag doch einfach, hör zu und lerne!
to be continued
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